Vergangene Woche wurde mir eine besondere Freude zuteil - mein Bruder war spontan zu Besuch. Einfach so unter der Woche ist er die gut 500 Kilometer gefahren, um nach mir und uns zu schauen. Das war wunderschön, so entspannt wie in früheren Zeiten. Wir waren lange spazieren, haben viel miteinander geredet und gelacht. Und: Wir haben zusammen gekocht!
Als Kinder waren wir beide unzertrennlich. Zwar haben wir uns oft gestritten und geneckt, aber sobald jemand versuchte uns auseinander zu treiben, gingen wir gemeinsam dagegen vor.
Da unsere Eltern aus beruflichen Gründen sehr viel unterwegs waren, blieben wir uns oft selbst überlassen. Nicht selten hatten wir verschiedene Babysitter, waren für einige Tage getrennt bei den Großeltern und anderen Familienmitgliedern untergebracht und freuten uns dann wieder umso mehr auf die gemeinsame Zeiten daheim.
Schon etwas älter, durften wir auch mal allein zu Hause bleiben, während unsere Eltern im Urlaub waren. Während dieser Zeit kam meinem Bruder eine großartige Idee: Er lief in den Ort und erfragte in einem Elektrofachgeschäft erfolgreich einen ausrangierten Fernseher, den er anschließend mitten im Wohnzimmer auf dem “wertvollen” Flügel der Eltern platzierte. Nach einigem Herumbasteln gelang es uns tatsächlich, ein Fernsehprogramm zu finden und wir machten es uns mit Pizza und Softdrinks auf der Sitzgruppe vor dem Fernseher gemütlich.
Was für ein Kulturschock! Wir besaßen nämlich in unserer Kindheit keinen Fernseher, sorgten mit eigener Musik für das alleinige Unterhaltungsprogramm und durften nur ganz selten einmal die Sitzpolster benutzen. Gegessen wurde unter der Woche in der Küche und nur am Sonntag oder an Feiertagen nutzte man den Esstisch im Wohnzimmer für das gemeinsame Abendessen. So war das eben in unserer altmodischen Familie!
Für diesen Moment, während unsere Eltern im Urlaub waren, aber schrieben wir unsere eigenen Regeln und hatten dabei einen riesigen Spaß, der uns heute noch ein Schmunzeln bereitet.
Die schöne Erinnerung hat uns damals sicherlich auch über den Ärger hinweg geholfen, den wir im Nachgang natürlich durch die Eltern erfuhren. Mein Bruder hatte seinen Schreibtisch (ein altes Erbstück aus Massivholz) etwas “umgebaut”, damit er dort den Fernseher vor unseren Eltern verstecken konnte. Das funktionierte zunächst hervorragend. Allerdings hatten wir nicht mit der sehr gesprächigen und neugierigen Besitzerin vom Elektrogeschäft gerechnet, die sich einige Zeit später bei unserer Mutter erkundigte, ob denn der ausrangierte Fernseher wieder erfolgreich zum Leben erweckt werden konnte. Der Zorn der Eltern war groß, der Fernseher musste zurück gebracht werden und es gab eine heftige Strafe für uns beide. Aber die schelmische Freude über so viel “frivoles Leben” in den “heiligen Wohnräumen” wird uns immer in Erinnerung bleiben und wurde schon oft weitererzählt.
Mein kleiner Bruder kann hervorragend kochen. Früher schon kochten wir gemeinsam an Festtagen, wenn sich die Familie bei uns oder bei meinem Bruder traf. Deshalb war es jetzt nach langer Zeit wieder ein ganz besonderer Moment, nebeneinander in der Küche zu stehen und aus den vorhandenen Zutaten etwas Leckeres zu kreieren.
Hierfür hatte ich bei meinem Metzger des Vertrauens ein wunderschönes Stück Kalbfleisch für Tafelspitz mitgenommen, aber leider keine Erfahrungswerte, wie es zubereitet wird. Also haben wir einfach losgelegt und siehe da: Uns ist ein tolles Festessen gelungen. Butterzarter Tafelspitz in feiner Gemüsebrühe, serviert mit selbst gemachtem Meerrettich und Dijon Senf. Zusammen mit meinem Mann haben wir köstlich geschlemmt und dabei total vergessen, dieses leckere Gericht in Bildern festzuhalten. Also habe ich es für euch noch einmal gekocht. Schnell, einfach und super lecker empfiehlt sich das Gericht für jede große Tafelrunde.
Für 3-4 Personen benötigt ihr Folgendes:
750 - 800 g Kalb-oder Rindfleisch für Tafelspitz (ich habe Fleisch vom Kalb genommen)
ein Stück Rinderknochen, etwas zerkleinert
2-3 EL Ghee oder Butterschmalz
ein Bund Suppengemüse
3-4 Pastinaken
5-7 kleine Kartoffeln
1 Zwiebel, halbiert - sie wird nur als Aroma in die Brühe gegeben und vor dem Verzehr entfernt!
1 EL Pfefferkörner
1-2 frische Chilischoten
etwas Weißwein
etwa 1,5 heiße Gemüsebrühe (ich verwende immer die Klare Suppe von Seitenbacher*)
In einer großen Kasserolle wird der Rinderknochen im Butterschmalz scharf angebraten.
Das Gemüse in grobe Stücke schneiden und mit den kleinen Kartoffeln (ich habe sie nicht geschält!) zum Rinderknochen geben. Etwas brutzeln lassen, dann mit dem Weißwein ablöschen.
Jetzt wird die Brühe aufgegossen und vorsichtig der Tafelspitz hinein gelegt, also auf das Gemüsebett.
Den Topf verschließen und bei mittlerer Temperatur für 1 ½ - 2 Stunden leicht köcheln lassen.
Danach die Zwiebel aus der Suppe entfernen.
Das Fleisch gegen den Strich in feine Scheiben schneiden und in tiefe Teller verteilen.
die Suppe eventuell mit Salz und Pfeffer nachwürzen und über die Fleischscheiben gießen.
Mit etwas Meerrettich und Senf zum Fleisch lasst ihr euch nun genussvoll dieses wunderbare Mahl schmecken - ich wünsche guten Appetit!
* unbezahlte Werbung: Ich bin inzwischen sehr überzeugt von einigen Zutaten-Herstellern, da ich mit deren Produkten die für mich besten Ergebnisse erziele. Ich werde allerdings nicht gesponsert, alles Geschriebene basiert auf meinen eigenen Erfahrungen. Selbstverständlich können auch analog anderes Mehl, Zucker usw. benutzt werden.
Geli (Dienstag, 11 Januar 2022 17:28)
das ist aber eine zauberhafte Geschichte, liebe Franzi,
und Tafelspitz hat mich schon lange mal gereizt,
ganz herzlichen Dank, Geli