Was war das für uns Kinder immer eine Freude, wenn wir in der ersten Adventswoche zu unserer Großmutter kamen, um ihr bei der Weihnachtsbäckerei zu helfen! Naja: Helfen vielleicht eher weniger, denn das Naschen der dunklen, schweren Teige war mehr unser Ding!
In der Küche gab es einen großen Tisch, auf dem eine riesige Schüssel stand; in dieser ruhte unter einem Geschirrtuch der Teig für die heiß begehrten Schlesischen Pfefferkuchen.
Die von Hand betriebene Mühle für die Nüsse klemmte noch an der Tischkante, die fast leeren Becher vom Rübenzucker warteten auf meinen Bruder, der sie genussvoll aus leckte, während ich von den Ausstechformen schon mal die großen Herzen zur Seite legte.
Zuerst aber sollte der seidig glänzende, zu zwei bis drei größeren Kugeln geformte Teig ausgerollt werden, was gar nicht so einfach für uns Kinder war; der Teig war so schwer und klebrig, da musste noch einiges an Mehl unter die Teigrolle gepudert werden, und die anfängliche Begeisterung schwand ziemlich schnell bei dem geforderten Kraftaufwand!
Was meine Großmutter da jedes Jahr für die Großfamilie allein am Herstellen feinster Lebkuchen geleistet hat, ist unglaublich. Im höheren Alter wurde sie beim Kneten des Pfefferkuchenteigs von starken Familienmitgliedern unterstützt; und ich weiß noch genau, wie nach dem Tod meiner Großmutter die Pfefferkuchen-Tradition von meiner Mutter weitergeführt wurde, die alle Zutaten zusammen mischte und sie dann zum Kneten an meinen Vater weiter reichte.
Ja, die schlesischen Pfefferkuchen gehörten für uns zu Weihnachten wie für andere die Weihnachtsgans. Wenn sie dann nach dem Backen noch mit Schokolade überzogen wurden, waren wir Kinder sofort wieder “helfend” zur Stelle.
Der Nachteil dieses wunderbaren Gebäcks war leider, dass sie direkt nach Vollendung in einem großen metallenen Brotkasten in den Keller verschwanden, um etwas nachzureifen und um eine weichere Konsistenz zu bekommen. Ein paar der von uns selbst ausgestochenen Herzen gab es an Weihnachten schon, der Rest wartete im Dunklen …
In dieser Zeit sind sowohl mein Bruder als auch ich besonders gern für die Erwachsenen in den Keller gegangen; und natürlich wurde dabei regelmäßig nach dem “Reifegrad” der geliebten Pfefferkuchen geschaut! Wenn meine Eltern Anfang des neuen Jahres zum Skiurlaub dann noch von dem Gebäck mitnehmen wollten, war der Vorrat schon ziemlich geschrumpft …!!!
Diese Familientradition der selbst gebackenen Pfefferkuchen hat sich wegen meiner Unverträglichkeiten nicht weiter fortsetzen können. Aber jedes Jahr im Advent steigen die Erinnerungen daran in mir auf, sodass ich es jetzt einmal ausprobiert habe: Schlesische Pfefferkuchen - verträglich gemacht!
Das Ergebnis ist natürlich nicht mit dem Original zu vergleichen, schmeckt total anders, ist von der Konsistenz völlig anders, ist aber auch so gut, dass ich es euch gerne vorstellen möchte. Vielleicht probiert ihr es ja mal aus!?
Für zwei gut belegte Bleche benötigt ihr Folgendes:
250 g Reissirup
150 g Butter
150 g Erythrit
1 Päckchen Backpulver
1 TL Pottasche (ich habe die von der Firma VitaVegan* verwendet)
130 g glutenfreies Hafermehl
220 g glutenfreie Mehlmischung (ich nehme gerne die helle Mischung von Panista*)
150 fein gemahlene Sonnenblumenkerne
1 Ei
Salz
1 TL gemahlener Zimt
1 Prise gemahlener Ingwer
je ½ TL gemahlener Piment, gemahlene Nelken, geriebene Muskatnuss
1 TL geriebene Zitronenschale
1-2 EL guter Rum
In einem kleinen Topf den Sirup mit der Butter und dem Erythrit unter Rühren kurz aufkochen lassen und anschließend zum Abkühlen beiseite stellen.
Das Mehl mit dem Backpulver mischen; alle Gewürze gut unterrühren.
Die Pottasche nach Packungsanweisung anrühren und zur Mehlmischung geben.
Das Ei und den Rum mit der Zitronenschale dazugeben und alles mit der Sirup-Erythrit-Butter-Mischung zu einem festen Teig kneten. Dabei recht schnell arbeiten, damit der Teig niocht zu bröselig wird; bei Bedarf mit etwas Rum die Mischung feucht halten.
In eine Folie gewickelt, lasst ihr den Teig nun mindestens für 24 Stunden bei Zimmertemperatur ruhen.
Am Backtag wird der Teig fingerdick ausgerollt und zu Weihnachtsformen ausgestochen.
Diese werden auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech gelegt und im auf 160 Grad Umluft vorgeheizten Backofen für 20-25 Minuten gebacken.
Nach dem Backen könnt ihr die ausgekühlten Pfefferkuchen nach Belieben mit Zartbitter-Kuvertüre bestreichen und zum Beispiel mit Pinienkernen, Walnüssen oder Kokosflocken verzieren.
Ich wünsche euch viel Vergnügen beim Nachbacken und Naschen!
* unbezahlte Werbung: Ich bin inzwischen sehr überzeugt von einigen Zutaten-Herstellern, da ich mit deren Produkten die für mich besten Ergebnisse erziele. Ich werde allerdings nicht gesponsert, alles Geschriebene basiert auf meinen eigenen Erfahrungen. Selbstverständlich können auch analog anderes Mehl, Zucker usw. benutzt werden.
Geli (Donnerstag, 15 Dezember 2022 16:35)
eine zauberhafte Rezepteinleitung, da geht auch einem Nicht-Ober-Schlesier das Herz und der Wunsch nach ganz genau den vorgestellten Pfefferkuchen auf! Nur ich bin ein abgebrühter Ablehner von Schlesischen Pfefferkuchen,. Das war die Einseitigkeit im weihnachtlichen Brötle-Angebot.
Das Muss! Verzeih mir, aber für alle Fälle speichere ich das Pfefferkuchen -Rezept, es könnte ja mal danach verlangt werden????